19. Juni 2024
Wann und wie ist die Idee entstanden, ein Buch über das ZFF zu schreiben?
Es war die Idee von ZFF-Direktor Christian Jungen, die er im Hinblick auf das 20-Jahr-Jubiläum des Festivals lanciert hat. Die Erfahrung ist ja, dass nach dem Abtreten von Gründern oftmals institutionelles Gedächtnis verloren geht und sich viele falsche Behauptungen in den Köpfen und im Internet festsetzen. So möchte das Buch die Geschichte der ersten 20 Jahre festhalten und manche falschen Aussagen über das ZFF korrigieren.
Wie sind Sie während des Schreibprozess vorgegangen? Wie haben Sie sich alle benötigten Informationen beschafft?
Wie es für ein ehemaliges Startup typisch ist, war die Archivlage bescheiden. Das ist auch verständlich, weil man ja als Gründer oder Gründerin tausenderlei Sachen erledigen muss und Tag und Nacht arbeitet. Da fehlen Zeit und Geduld, um etwa Protokolle zu führen. Einzig ein Archiv der Medienberichte über das ZFF existierte, das aber viele zehntausend Belege umfasst. Da musste ich einfach schauen, dass ich in dieser Flut nicht ertrank. Als Hauptquelle dienten mir ausführliche Interviews mit vielen Beteiligten, die ich im Verlauf einiger Monate geführt habe.
Wie war es für Sie, so intensiv in die 20-jährige Geschichte des Festivals einzutauchen?
Interessant und immer wieder überraschend. Es war auch für mich eine Zeitreise zurück in die in die Geschichte der Stadt Zürich und der Schweiz, ein klein wenig auch in die Geschichte der NZZ am Sonntag. Und wie bei solchen Oral History-Ansätzen typisch, widersprachen sich die Erinnerungen der Zeitgenossen manchmal. Solche Widersprüche zu entfädeln, war zuweilen anspruchsvoll.
Welche Geschichten rund um die vergangenen Festivaljahre haben Sie besonders beeindruckt?
Ich habe viele mir vorher unbekannte Anekdoten über Stars kennengelernt. Wie sie im Privaten wirken, dass ein Hollywood-Akteur den Bammel vor einer Rede haben kann, was sie an Zürich interessierte. Angetroffen habe ich die ganze Palette von lustig bis schräg, vom Mitternachtstennis bis zum Verwandtenbesuch auf einem Bauernhof im Emmental. Wenn Hollywood an die Limmat kommt, wird Hollywood etwas fassbarer und die Limmat etwas glänzender.
Was haben Sie über das ZFF erfahren, was Ihnen vorher vielleicht noch nicht im gleichen Ausmass bewusst war?
Am meisten beeindruckt hat mich, gegen welche Widerstände die Gründer Karl Spoerri und Nadja Schildknecht zu Beginn ankämpfen mussten. Fast die gesamte Schweizer Filmszene stand der Idee, in Zürich ein Filmfestival zu lancieren, feindlich gegenüber. Die Politik war nicht besser. Sogar die Stadt bekämpfte das Vorhaben zu Beginn hartnäckig.
Wenn Sie auf die Festivalgeschichte zurückschauen, welches waren aus Ihrer Sicht die wichtigsten Meilensteine für die Entwicklung des ZFF?
Ich würde von drei Meilensteinen sprechen: Das Festival war nach der dritten Ausgabe faktisch Pleite. Dass Schildknecht und Spoerri den Mumm fanden, aus den Fehlern zu lernen und weiterzumachen, war nicht selbstverständlich. Der zweite Meilenstein war die Affäre Polanski, die das Festival weltweit bekannt und es in Hollywood zu einem Fixpunkt in der Agenda der globalen Filmbranche machte. Der dritte Meilenstein kam mit der Übernahme des Festivals durch Christian Jungen. Damit brach eine neue Ära in der Geschichte des ZFF an, mit neuen Ideen, neuen künstlerischen Akzenten, grösserer Akzeptanz in der Branche.
Angenommen, jemand schreibt in zehn Jahren erneut ein Buch über das ZFF – welche zusätzlichen Kapitel & Geschichten würden Sie dem ZFF für die nächsten Jahre wünschen?
Natürlich ein Kapitel oder zwei über die Ära Christian Jungen. Und ein Kapitel, wie die Zürcher Behörden die wahre Bedeutung des ZFF für das kulturelle Leben und die internationale Ausstrahlung der Stadt erkannt und ihre Subventionen entsprechend angepasst haben.
Buchvernissage: 8. Juli, 18.30 Uhr mit Autor Felix E. Müller und ZFF Artistic Director Christian Jungen im Kino Frame
Im Gespräch mit Felix Ghezzi vom rüffer & rub Verlag feiern der ehemalige Präsident des ZFF und Autor des Buches Felix E. Müller und der ZFF Artistic Director Christian Jungen die Bucherscheinung. Bar und Lounge sind während der anschliessenden Signierstunde geöffnet. Der Eintritt für die Buchvernissage ist frei, aber die Plätze sind begrenzt. Besucherinnen und Besucher müssen sich vorab ein Ticket unter www.frame.ch reservieren.