08. Juni 2023
Immer häufiger verschwimmen die klassischen Geschlechterrollen. Was vor ein paar Jahren noch für viel Aufschrei gesorgt hätte, gehört inzwischen zum Alltag in der Öffentlichkeit: Männer mit lackierten Fingernägeln, Männer, die androgyne Kleidung tragen, Männer mit Perlenkette um den Hals. Während bekannte Künstler wie Harry Styles, Jared Leto oder Timothée Chalamet gerade damit kokettieren und sich auch deshalb vor allem bei jüngerem Publikum grosser Beliebtheit erfreuen, feiern andererseits Filme wie TOP GUN: MAVERICK mit Tom Cruise oder TICKET TO PARADISE mit George Clooney, die auf traditionelle Männlichkeitsbilder zurückgreifen, grosse Erfolge.
«Um die Männlichkeit tobt zurzeit ein regelrechter Kulturkampf, wie etwa der inflationär verwendete Begriff ‘toxische Männlichkeit’ beweist» sagt Artistic Director Christian Jungen. «Wir zeigen rund ein Dutzend Filme, welche sehr verschiedene Arten von Männlichkeit repräsentieren und wollen so eine Debatte um die Rolle und das Selbstverständnis des Mannes im 21. Jahrhunderts stimulieren». Die Diskussion um Männlichkeit ist am Puls unserer Zeit. Am 19. Zurich Film Festival präsentieren wir in der Sektion Hashtag #Masculinity ausgewählte Filme, die das Spannungsfeld aufzeigen, was Männer heute ausmacht.
Passend dazu zeigt unser Key Visual Burak Ates, einen 28-jährigen Schweizer Schauspieler aus Solothurn. Er spielte die Hauptrolle im Film BEYTO, welcher am Zurich Film Festival 2020 Premiere feierte. Mit ihm setzen wir nicht nur ein Zeichen zur Wichtigkeit unserer Nachwuchsförderung, er ist auf unserem Key Visual auch passend zu unserem Hashtag #Masculinity inszeniert - mit lackierten Nägeln, Schmuck und knalligen Farben.
Ates hat seit seinem ersten Besuch am ZFF 2020 eine tiefe Verbindung mit dem Festival und freut sich, dass in ganz Zürich und darüber hinaus zu sehen sein wird. «Es ist ein sehr schönes Gefühl», sagt er, «vor drei Jahren hat am ZFF alles angefangen – und jetzt wieder dabei sein zu dürfen, vor allem als Kampagnengesicht, ist der Wahnsinn.»
Er habe bereits in jungen Jahren davon geträumt, Schauspieler zu werden. Seither ist viel passiert: «BEYTO und der Auftritt am ZFF waren ein Wendepunkt in meinem Leben. Ich setzte seitdem alles auf Schauspiel» meint Ates. Das fiel ihm alles andere als leicht, wie der 28-Jährige erzählt. Genau wie seine erste grosse Rolle Beyto, der sich aus konservativen Familienverhältnissen lösen muss, um zu seiner Homosexualität zu stehen, musste auch Ates sich zwischen zwei Welten entscheiden: der des klassischen Berufswegs oder der eines Schauspielers.
Dass Ates’ Entscheidung, sich der Schauspielerei zu widmen, nicht zuletzt dank dem ZFF fiel, macht uns stolz. «Uns liegt die Nachwuchsförderung am Herzen», sagt Christian Jungen, «Zudem machen Mut und der Glaube an jemanden oder etwas oft den Anfang der schönsten Geschichten. Wer hätte 2007 gedacht, dass unser damals noch unbekannter Gast Eddie Redmayne 15 Jahre später als oscargekrönter Schauspieler ans ZFF zurückkehrt?» Als Redmayne 2022 den Golden Eye Award entgegennahm, dankte er dem Festival für die Aufmerksamkeit, die wir ihm bereits in seiner damals noch sehr jungen Karriere schenkten.
Deshalb freut es uns sehr, dass Burak Ates unserer Einladung gefolgt ist, das Gesicht der diesjährigen ZFF-Kampagne zu werden. Auch, weil er als junger Mann den Spagat zwischen klassischem Männerbild und dem Hinterfragen ebenjenes macht. «Ich stricke zum Beispiel sehr gerne», antwortet Ates im Interview mit uns auf die Frage, was an ihm als nicht typisch männlich gelesen werden könnte. Ein guter Kandidat also, um an Tramstationen, in Vitrinen und im Grossformat an Hausfassaden ab Mitte September auf den Hashtag des diesjährigen ZFF aufmerksam zu machen.