02. April 2020
Das Corso hat eine traditionsträchtige Geschichte, die am Anfang des 20. Jahrhunderts beginnt. 1900 wurde es als Varietétheater eröffnet. Und Varieté wurde gross geschrieben: Abend für Abend bot das Theater verschiedenste Unterhaltung auf mosaikartige Weise: Musik, Tanz, Magie, Akrobatik - ja sogar Ringkämpfe standen auf dem Programm. Gegen Letztere schritt zwar immer wieder die Polizei ein, schlussendlich konnte die Unterhaltung aber die Oberhand behalten und den Ringkämpfen stand nichts im Weg. Das Theater Corso war fester Bestandteil der Zürcher Unterhaltungsszene.
Andere Stockwerke des sogenannten Corso-Hauses haben aber nicht weniger zu erzählen: Eine Wohnung in den oberen Etagen diente Udo Jürgens bis zu seinem Tod im Jahr 2014 jahrzehntelang als Zuhause. Hier machte er seinem Ruf als Frauenheld und Partykönig scheinbar alle Ehre. Und die hat er sich etwas kosten lassen: Die Miete für die Bleibe an bester Lage soll sich im fünfstelligen Bereich bewegen.
Kinovorstellungen fanden im Theater Corso bereits früh immer wieder statt. Doch erst 1947 wurde es vollumfänglich zum Kino umfunktioniert. Seit 1970 befindet sich das Haus unter Denkmalschutz. Das Kino Corso, mit seiner Lage am Sechseläutenplatz, gehörte weiterhin zum festen Bestandteil der Zürcher Unterhaltungsszene. Immerhin war es mit den anderen Kinos, die sich am Zürcher Pendant zum Times Square befanden, bis in die 00er-Jahre hinein für 10% der Kinoeintritte des Landes verantwortlich.
1992 wurde das Kino von der KITAG Kino-Theater AG übernommen, die es bis heute betreibt. Neben dem Corso 1, das ein Publikum von 729 Personen beherbergen kann, gibt es mit dem Corso 2-4 noch drei weitere kleinere Säle, die den Zuschauerinnen die Filmkunst nahe bringen. Das Corso 1 ist der grösste Kinosaal der Deutschschweiz und somit das Flaggschiff der KITAG.
Auch heute ist es ab und zu noch möglich in die Vergangenheit zu reisen und etwas vom Theatergeist des Corso zu erhaschen: Im Rahmen der Opera-Reihe überträgt die KITAG live Aufführungen der Royal Opera und Royal Ballet auf die Leinwand des Corso 1 und bringt die Kunst des Theaters somit zurück in den Saal.
Traditionsreich ist das Corso nicht nur im Zusammenhang mit seiner langen Geschichte, sondern auch als loyaler Partner des ZFF: Als das Festival 2005 das erste Mal seine Tore öffnete, war das Corso bereits als Spielstätte mit dabei und schon damals Schauplatz des Eröffnungsabends. Mit der Europapremiere des Thrillers FLIGHTPLAN wurde die allererste Edition des Festivals feierlich eröffnet. Mit dabei waren unter anderem der Regisseur des Films, Robert Schwentke, Schauspieler Udo Kier, Autor und Theaterexperte Hellmuth Karase und Verleger Jürg Marquard.
Christian Jungen, Artistic Director des ZFF, war damals selbst vor Ort und sagt über das Corso: «Das majestätische Corso ist das grösste Premierenkino der Deutschschweiz und ein unverzichtbarer Saal für das ZFF. Ich mag mich noch gut an den allerersten ZFF-Abend mit der Premiere von FLIGHTPLAN erinnern, seither habe ich im Corso unvergessliche ZFF-Abende erlebt, die Erschlagenheit nach THE HURT LOCKER, die Euphorie nach LA LA LAND und die hitzigen Diskussionen nach SENNENTUNTSCHI. Es ist für uns eine Freude und ein Privileg, Gala-Premieren mit grossen Namen in diesem Kino feiern zu dürfen. Toll ist auch die Zusammenarbeit mit dem von Philippe Täschler, einem Vollblut-Kinofreak, geleiteten Kitag-Team - man merkt, dass sie alle das Kino lieben und gerne die Extrameile gehen, um unvergessliche Filmabende möglich zu machen.»
In den darauffolgenden 15 Jahren haben weitere grosse Filmstars wie Johnny Depp, Judi Dench, Cate Blanchett, Sean Penn, Dev Patel, Alicia Vikander und Jake Gyllenhaal ihren Weg in das prestigeträchtige Kino gefunden. Und auch im Jahr 2020 wird das Corso 1 wieder als Ort des Auftakts für das ZFF fungieren und mit 729 Gästen die 16. Festivaledition einläuten. Wir freuen uns auf ein Wiedertreffen im Corso und auf die nächsten 15 Jahre!
Text: Christine Albrecht