03. Oktober 2021
Das 17. Zurich Film Festival zieht sehr erfreut Bilanz über eine rein physische Ausgabe, die mit einem Vollprogramm von 164 Filmen aus 53 Ländern durchgeführt werden konnte. 102 000 Besucherinnen und Besucher kamen ans ZFF – 2020 waren es 68 000. Damit ist das ZFF zum zweiten Mal in Folge das meistbesuchte Filmfestival der Schweiz. «Unsere Erwartungen wurden weit übertroffen», sagt Festivaldirektor Christian Jungen. «Die letzten Tage haben eindrücklich gezeigt, dass die Leute wieder Lust auf Kino und gemeinsame Erlebnisse haben. Die Stimmung war von Beginn weg positiv und viele internationale Gäste zeigten sich gerührt, weil sie ihre Filme zum ersten Mal einem richtigen Publikum vorstellen konnten.»
Zum Wachstum beigetragen hat die neue Spielstätte im Kongresshaus, das grösste Kino der Schweiz. Alleine gestern Samstag waren dort vier Vorstellungen mit je 1300 Zuschauern ausverkauft. Insgesamt waren 67 Vorstellungen ausverkauft, das grösste Besucherwachstum verzeichnete das Festival in den drei Wettbewerben um das Goldene Auge. «Uns ist es gelungen, ein treues, cinéphiles Publikum zu gewinnen, das sich auf anspruchsvolle Werke einlässt und auch in zunehmender Zahl Nachmittagsvorstellungen besucht», erklärt Christian Jungen. Unter den Gästen, die das ZFF empfangen durfte, waren Autorenfilmer von internationalem Rang wie Jacques Audiard, Todd Haynes, Paolo Sorrentino und Paul Schrader, Charakterdarstellerinnen wie Cécile de France und Altstar Timothy Spall, der Oscar-prämierte Komponist Mychael Danna sowie Sharon Stone, die den Golden Icon Award erhielt. Der Hollywoodstar zeigte sich glücklich über alle Massen und bezeichnete die Auszeichnung als die schlichtweg grösste Ehrung ihrer Karriere.
Im Rahmen der glamourösen Award Night wurden gestern Samstagabend im Opernhaus Zürich die mit je 25 000 Franken dotierten Goldenen Augen für die Gewinner der drei Wettbewerbe verliehen. Das Goldene Auge des Fokus-Wettbewerbs ging an den Westschweizer Film LA MIF von Fred Baillif. Für das authentische Sozialdrama, das in einem Mädchenheim spielt, arbeitete der Regisseur mit tatsächlichen Heimbewohnerinnen zusammen, die am Drehbuch mitschrieben, improvisierten und beeindruckend ungehemmte Darstellungen ablieferten. Eine Besondere Erwähnung ging an den deutschen Dokumentarfilm HINTER DEN SCHLAGZEILEN / BEHIND THE HEADLINES von Daniel Andreas Sager. Das Goldene Auge des Spielfilm-Wettbewerbs ging an A CHIARA des italienisch-amerikanischen Regisseurs Jonas Carpignano. In dem neorealistischen Mafia- und Familiendrama entdeckt die 15-jährigen Chiara die kriminellen Verwicklungen ihres Vaters und taucht auf der Suche nach Antworten tief ins Milieu der kalabrischen ‘Ndrangheta ein. Besondere Erwähnungen sprach die von Schauspieler Daniel Brühl geleitete Jury für das amerikanische Drama JOCKEY von Clint Bentley und die iranisch-französische Produktion BALLAD OF A WHITE COW / GHASIDEYEH GAVE SEFIDD von Behtash Sanaeeha und Maryam Moghaddam. Im Dokumentarfilm-Wettbewerb wurde LIFE OF IVANNA des in Russland lebenden Regisseurs Renato Borrayo Serrano ausgezeichnet. Über eine Zeitspanne von vier Jahren zeigt der Film die ebenso faszinierende wie harsche Realität einer taffen 26-jährigen Tundra-Nomadin und deren Kampf ums Überleben ihrer Familie. Mit Besonderen Erwähnungen bedacht wurden die französisch-belgische Dokumentation SOY LIBRE von Laure Portier und der aus Schweden heraus produzierte Film SABAYA von Hogir Hirori über IS-Sklavinnen. Starker Auftritt der Schweiz Nebst dem Gastland Tunesien hatte auch der Schweizer Film einen starken Auftritt. Gezeigt wurden 22 einheimische Produktionen, darunter der Taliban-Thriller UND MORGEN SEID IHR TOT von Michael Steiner, der das Festival eröffnete. Eindruck hinterliessen nicht zuletzt auch die Westschweizer Filmemacher, darunter Andreas Fontana, der für sein Debüt AZOR den Emerging Swiss Talent Award der Kritikerjury in Empfang nehmen durfte, und Fred Baillif, dessen Drama LA MIF den Fokus-Wettbewerb für sich entschied. Als Weltpremieren zeigte das ZFF zudem zwei Dokumentarfilme über namhafte Schweizer Künstlerpersönlichkeiten: Erich Schmids ADOLF MUSCHG – DER ANDERE und Nathalie Davids HARALD NAEGELI – DER SPRAYER VON ZÜRICH. Auch der Zurich Summit, der letztes Wochenende im Dolder Grand stattfand, war ein grosser Erfolg. Führungspersönlichkeiten aus der weltweiten Filmbranche trafen sich, um über die Herausforderungen der Filmwirtschaft zu diskutieren. Unter den Teilnehmern war auch Pamela Abdy, die mit dem Game Changer Award geehrte Präsidentin der Motion Picture Group von Metro-Goldwyn-Mayer (MGM). Der Chairman von MGM, Michael de Luca, war ebenso anwesend wie etwa Roeg Sutherland von CAA Media Finance.