24. Januar 2024
Wann kam zum ersten Mal die Idee auf, das Zurich Film Festival auf die Beine zu stellen?
Wir veranstalteten das Digital Film Festival onedotzero in Zurich und dachten, warum hat es in der Stadt mit der damals grössten Kinodichte in Europa eigentlich kein eigenes Filmfestival? Dass dies unter anderem auch eine politische Entscheidung war, wussten wir lange nicht und haben somit unsere Idee im Jahr 2004 angefangen zu verwirklichen. Es wurde ein sehr steiniger Weg, aber die harte Arbeit hat sich gelohnt.
Was war das Spannendste an dieser Anfangszeit des Festivals?
Spannend war, dass jeder Tag anders war und wir uns zuerst den kritischen Stimmen der Stadt und der Presse stellen mussten, nebst der Herausforderung, uns international zu etablieren. Nur das Publikum zollte uns bereits seit der ersten Ausgabe positive Aufmerksamkeit. Wir verzeichneten schon 2005 beim ersten ZFF 8000 Besucher. Das war ein Ansporn, weiter zu machen und wir hatten stets unsere Vision vor Augen. Aber der Weg war nicht einfach. Wir arbeiteten oft bis in die Nacht und dies nicht erst kurz vor dem Start des Festivals. Es ergaben sich auch jeden Tag neue Probleme, welche irgendwie gelöst werden mussten. Manchmal wussten wir nicht weiter, aber jede gedachte Sackgasse war dann am Schluss doch keine. Spannend war, dass wir mit viel Energie, Willen und Hartnäckigkeit unseren Weg gingen und das Festival jedes Jahr mehr und präziser positionieren konnten. Nach und nach verstummten die sehr negativen Pressestimmen und auch die Politik realisierte, dass wir für die Stadt einen über die Grenze hinaus positiven Event veranstalteten.
Waren das auch die grössten Herausforderungen, die auf dich zugekommen sind?
Ja, wir wurden im eigenen Land jahrelang von vielen Leuten in eine Schublade gesteckt, welche unseren Intentionen und auch dem Festival selbst nicht gerecht wurde und es war lange sehr schwierig, dem entgegenzutreten. Wir wurden weder von der öffentlichen Hand finanziell unterstützt, wie andere Festivals, noch hatten wir am Anfang die Branche hinter uns, denn wir waren unbekannte Gesichter in diesem Feld. Es gab viele schlaflose Nächte für mich, denn oft wusste ich nicht, wie ich ein Festival mit einer internationalen Strahlkraft veranstalten soll mit so wenigen finanziellen Mitteln, welche uns durch die Sponsorenverträge zur Verfügung standen. Wir haben dann das Sponsoring und das Marketing geschickt und innovativ umgesetzt, und am Schluss war genau dieser steinige Pfad der Weg zum Erfolg, denn er hat uns auch gelehrt, mit unseren Ressourcen sparsam und effizient umzugehen.
Wie hat dein Umfeld auf den Plan, das ZFF ins Leben zu rufen, reagiert?
Zum Teil hat mich mein Umfeld fragend angeschaut, aber zum Glück habe ich dem nicht allzu stark Aufmerksamkeit geschenkt und jeden Tag wieder aufs Neue meinen und unseren Weg weiter verfolgt. Rückblickend war es wahrscheinlich auch gut, dass uns am Anfang nicht alle möglichen Probleme und Schwierigkeiten bewusst und bekannt waren.
Wenn du das heutige ZFF mit den ersten Ausgaben vergleichst: Was hat sich verändert?
Vieles hat sich verändert, hoffentlich auch. Am Anfang mussten wir zuerst überhaupt ein Team zusammenstellen, das Vertrauen der Branche gewinnen und den Weg für eine breit abgestützte Finanzierung aufbauen. Zudem waren wir Unternehmer, jetzt gehört das Festival einer wirtschaftlich orientierten Firma – der NZZ Mediengruppe. Die heutige Leitung entscheidet also nicht alles frei, sondern hat einen Konzern hinter sich. Schön ist aber, dass sich daraus Synergien ergeben. Für uns war eine gesicherte Weiterführung wichtig, als wir nach 15 Jahren entschieden haben, das Festival in andere Hände zu geben und neuen Herausforderungen nachzugehen. Es freut mich, dass sich die heutige Leitung entschied, das Festival mit der gleichen Energie und Vision weiter zu verfolgen, wie wir es taten. So konnte sich das Festival jedes Jahr ein Stück mehr im internationalen Filmfestivalkalender verankern. Hätte die Leitung einfach alles verändert, hätte dies durchaus auch das Ende des Festivals sein können, auch wenn es Ende 2019 rentabel, etabliert und gefestigt war.
Was bedeutet dir das Projekt ZFF heute?
Ich verfolge es immer noch im Hintergrund und freue mich über jede Weiterentwicklung, welche ich sehe. Es war 15 Jahre lang u.a. mein Baby, ich habe wirklich jahrelang alles dafür getan und nun ist das Festival gefühlt auch weit weg, denn das Leben geht weiter und man entdeckt weitere Aufgaben, welche interessieren. Aber ich bin noch immer stolz auf das ZFF, all die Arbeit hat sich gelohnt.
Welches ist deine liebste ZFF-Erinnerung?
Ich kann keine liebste Erinnerung herausheben, denn der ganze Weg trug dazu bei, was wir mit dem Team erleben durften. Somit gibt es überall Erinnerungen… Und es ist wie bei der Geburt, man behält nur die guten Erinnerungen im Kopf (lacht).
Wenn du heute nochmals in die ZFF-Leitung einsteigen könntest, welchen Star aus der Filmwelt würdest du versuchen, nach Zürich zu holen?
Diese Frage wurde mir so oft gestellt, jedes Jahr hiess es auch von der Presse, welche Stars möchtest du nächstes Jahr hier begrüssen. In der Filmwelt gibt es so viele Persönlichkeiten, welche hervorstechen und einzigartig sind. Der Film ist relevant und spielt eine Schauspielerin oder ein Schauspieler herausragend, so sind diese beim ZFF immer willkommen, egal ob sie bereits international sehr bekannt sind oder weniger. Die Vielfältigkeit ist bei einem Festival relevant und zudem muss ich noch ergänzen: Was heisst heute schon Stars? Für junge Leute sind Stars ganz andere Personen, als für die ältere Generation. Und dies ändert sich natürlich auch von Jahr zu Jahr. Stolz bin ich, dass wir nebst A-List Stars von damals wiederholt auch Schauspieler und Regisseure bei uns hatten, die damals noch unbekannt waren und danach zu absoluten A-List Stars wurden – denken Sie nur an Eddie Redmayne oder an den Regisseur Rian Johnson, der bei unserem ersten Festival als völlig unbekannter Regisseur mit seinem ersten Film dabei war und heute mit Star Wars weltbekannt ist.