05. Juni 2024
Was kommt Ihnen als Erstes in den Sinn, wenn Sie ans Zurich Film Festival denken?
Das ZFF ist etabliert und in der Stadt sehr gut verankert. Mit dem Einbezug der Frame Kinosäle wirkt es ganzjährig und gewinnt an Bedeutung, auch bei einem jüngeren Publikum. Und natürlich erinnere ich mich an die Episode mit der Verhaftung von Roman Polanski im Jahr 2009, die medienmässig eine weltweite Präsenz des ZFF bewirkte.
Als Leiter der Sektion Film beim BAK hatten Sie immer wieder mit dem ZFF und dessen Geschäftsleitung zu tun – unter anderem, um über die Unterstützungsgelder für das Festival zu verhandeln. Dass diese Meetings vor allem in der Anfangszeit des ZFF teilweise hitzig verliefen, ist ein offenes Geheimnis. Wie haben Sie diese Beziehung erlebt?
Die finanziellen Mittel beim BAK sind durch mehrjährige Leistungsvereinbarungen mit anderen Filmfestivals gebunden. Das ZFF fühlte sich dadurch benachteiligt, weil es nicht dabei war. Wir suchten nach Lösungen, um projektbezogene Beiträge wie z.B. ein Jugend- und Kinderprogramm zu unterstützen. Das gelang auch, aber eine Planungssicherheit war für das ZFF damit nicht gegeben. Dies führte tatsächlich zu Spannungen und hitzigen Diskussionen.
Später profitierte das ZFF dann doch noch von mehrjährigen Subventionen bis der Besitzerwechsel zur NZZ Gruppe wiederum eine neue Ausgangslage schuf und gewisse Voraussetzungen, die gesetzlich vorgegeben sind, neu erfüllt werden mussten, um weiterhin Bundesgelder zu erhalten. Dazu fanden wiederum viele Gespräche statt, die konstruktiv verliefen und in Abstimmung mit dem Kanton und der Stadt Zürich zu einem guten Ergebnis führten.
Haben Sie aus der Beziehung zum ZFF etwas gelernt oder für Ihre künftige Zeit beim BAK mitnehmen können?
Der Grundsatz einer «good governance» in der Betriebsführung und auch in den Besitzverhältnissen – wem gehört ein Festival, wer führt die Geschäfte und wer kontrolliert diese? – wurde zu einem Standard für alle Filmfestivals in der Schweiz, die vom BAK mit öffentlichen Geldern unterstützt werden. In dieser Frage gab es in der Festivallandschaft viel aufzuräumen. Das ZFF markierte gewissermassen den Start dieser Reformen, aufgrund seiner veränderten Struktur. Bei diesen Prozessen habe ich sehr viel gelernt.
Sie sind ja nicht erst seit Ihrer Zeit beim BAK in der Filmbranche unterwegs – im Gegenteil. Wie standen Sie vor Ihrer Zeit beim BAK zur Idee, in Zürich ein Filmfestival auf die Beine zu stellen?
Darf ich es sagen? Auf ein Filmfestival in Zürich hat damals niemand gewartet. Das Kinoangebot in der Stadt war europaweit das vielseitigste. Die Dichte an Filmen liess jedenfalls keine Mangellage erkennen. Nischenfestivals gab es auch bereits. Und klar: Zürich als sehr starker Wirtschaftsraum verunsicherte die anderen Festivals – vor allem bei der Finanzierung, der Suche nach möglichen Sponsoren. Glücklicherweise musste aber kein Festival Federn lassen und die neu entstandene Konkurrenz belebte das Geschäft. Heute zeigt sich eine andere Realität und das ZFF hilft entschieden mit, die Film- und Kinokultur in unserem Land zu fördern und zu stärken.
Wie haben Sie die Entwicklung des Festivals miterlebt?
Es wuchs vom vorerst lokalen Publikumsevent zu einem Festival mit internationaler Branchenbeteiligung und Ausstrahlung. Damit hergehend fand auch eine stete Professionalisierung statt, wie auch eine Emanzipation von der Gründergeneration, ohne dabei die Welt neu erfinden zu wollen. Das ist nicht selbstverständlich und für die Kontinuität des ZFF wichtig.
Wie wichtig ist das ZFF für die nationale und internationale Filmbranche aus Ihrer Sicht heute?
Als Startbühne für die beginnende Kinosaison hat es eine Bedeutung für den heimischen Kinomarkt. Die gute Präsenz von US-Produktionen unterlegt dies. Das ZFF ist nach der Berlinale das grösste internationale Festival im deutschsprachigen Raum und Zürich ist als Stadt bei den Gästen sehr beliebt. Auch deshalb hat es seine Wichtigkeit. Für das weltweite Filmgeschäft sind nach wie vor Cannes und Berlin mit ihren Filmmärkten die eigentlichen Hubs.
Wie oft haben Sie das ZFF in den letzten 20 Jahren besucht und was sind Ihre liebsten Erinnerungen daran?
In den vergangenen 12 Jahren regelmässig. Die Öffnung der Gästeliste für die «Opening Night», auch für einheimische Filmschaffende, ist wichtig und bleibt mir in sehr angenehmer Erinnerung. Da sind gute Gespräche in entspannter Atmosphäre möglich. Generell hat sich der Einbezug des Kongresshauses in den Spielplan des ZFF positiv ausgewirkt. Es gibt mehr Platz und Raum.
Wenn Sie sich einen Gast ans ZFF wünschen dürften, welchem Star würden Sie auf dem Green Carpet gerne mal über den Weg laufen?
Da fragen Sie den Falschen. Ich habe keine Affinität zu Stars. Es war aber sehr schön, mit Bruno Ganz neben dem Green Carpet eine Zigarette zu rauchen.