Das sind die Gewinnerfilme des 17. Zurich Film Festival
02. Oktober 2021
Heute Abend wurden die Preise des 17. Zurich Film Festival im Rahmen der Award Night im Opernhaus Zürich verliehen. In drei Wettbewerbskategorien wurden die Hauptpreise des Festivals vergeben: Ein Goldenes Auge geht jeweils an die Filme LA MIF von Fred Baillif (Fokus Wettbewerb), A CHIARA von Jonas Carpignano (Spielfilm Wettbewerb) und LIFE OF IVANNA von Renato Borrayo Serrano (Dokumentarfilm Wettbewerb). Die ZFF Kinderjury zeichnete zudem LE LOUP ET LE LION mit dem Kleinen Goldenen Auge aus.
LA MIF von Fred Bailif (Schweiz, 2021)

In dieser Kategorie stehen Filme aus der Schweiz, Deutschland und Österreich im Fokus, von denen in diesem Jahr LA MIF (Schweiz, 2021) mit dem Goldene Auge geehrt wird. Der Schweizer Regisseur Fred Bailif nahm den Preis vor Ort entgegen. Für das authentische Sozialdrama LA MIF, das in einem Mädchenheim spielt, arbeitete der Regisseur mit tatsächlichen Heimbewohnerinnen zusammen, die am Drehbuch mitschrieben, improvisierten und beeindruckend ungehemmte Darstellungen ablieferten.
Besondere Erwähnung:
HINTER DEN SCHLAGZEILEN / BEHIND THE HEADLINES (Deutschland, 2021) von Daniel Andreas Sager – denn «dieser herausragende Dokumentarfilm schafft es wirklich, dem Publikum einen einzigartigen Einblick in den investigativen Journalismus zu geben. Er ist Spannung pur und ein Plädoyer für die Vierte Gewalt – sehr wichtig in Zeiten von Fake News.»
Jury:
Sönke Wortmann (Jurypräsident), Caterina Mona, Pierre Monnard, Sandra Guldberg Kampp, Ada Solomon
A CHIARA von Jonas Carpignano (Italien, Frankreich, Schweden, Dänemark, 2021)

Das Goldene Auge des 17. Zurich Film Festival für den besten Spielfilm geht an A CHIARA von Jonas Carpignano (Italien, Frankreich, Schweden, Dänemark, 2021). Mit A CHIARA war Carpignano zum dritten Mal im ZFF-Programm vertreten. In dem neorealistischen Mafia- und Familiendrama entdeckt die 15-jährigen Chiara die kriminellen Verwicklungen ihres Vaters und taucht auf der Suche nach Antworten tief ins Milieu der kalabrischen ‘Ndrangheta ein.
Die Jury entschied sich einstimmig «für diesen Film, der uns sowohl gepackt als auch bewegt hat. Wir waren hingerissen von der modernen Interpretation des traditionellen italienischen Neorealismus, dem außergewöhnlichen Einsatz von Musik und Sounddesign und den hervorragenden Darstellungen von Swami Rotolo und ihrer Familie, die allesamt ihr Leinwanddebüt gaben. Dieser Film ist schlichtweg ein cineastisches Meisterwerk.»
Besondere Erwähnungen:
JOCKEY (USA, 2021) von Clint Bentley – «für diesen poetischen und lyrischen Film mit einer unglaublichen Darbietung von Clifton Collins Jr.»
BALLAD OF A WHITE COW / GHASIDEYEH GAVE SEFID (Iran, Frankreich, 2021) von Behtash Sanaeeha und Maryam Moghaddam – «für diese komplexe Mischung des Persönlichen und des Politischen, mit herausragender Kameraarbeit und Schauspielleistung», wie die Jury erklärt.
Jury:
Daniel Brühl (Jurypräsident), Stéphanie Chuat, Dieter Kosslick, Andrea Cornwell
LIFE OF IVANNA von Renato Borrayo Serrano (Russland, Norwegen, Finnland, Estland, 2021)

Das Goldene Auge im Dokumentarfilm Wettbewerb des 17. ZFF geht an LIFE OF IVANNA von Renato Borrayo Serrano (Russland, Norwegen, Finnland, Estland, 2021). Der Dokfilm zeigt über eine Zeitspanne von vier Jahren die so faszinierende wie harsche Realität einer taffen 26-jährigen Tundra-Nomadin und deren Kampf ums Überleben ihrer Familie.
Die Jury war überzeugt von «der starken visuellen Erzählweise und der sehr persönlichen, vorurteilsfreien Beobachtung eines komplexen, mutigen Charakters. Sowohl der Filmemacher als auch die Hauptfigur teilen eine überwältigende Beharrlichkeit».
Besondere Erwähnungen:
SOY LIBRE (Frankreich, Belgien, 2021) von Laure Portier – von der Jury hervorgehoben wird «die persönliche Geschichte, die mit liebevoll, sensibel und mit einem hohen Mass an filmischer Handwerks-Qualität erzählt wird».
SABAYA (Schweden, 2021) von Hogir Hirori – von der Jury hervorgehoben wird «das unerschrockene Filmschaffen mit Demut und Eindringlichkeit».
Jury:
Asif Kapadia (Jurypräsident), Hanka Kastelicová, Gregory Kershaw, Sophie Maintigneux, Michela Pini
Zudem prämiert wurden am 17. Zurich Film Festival:
ZFF für Kinder – Jurypreis: LE LOUP ET LE LION von Gilles de Maistre

Der französische Regisseur Gilles de Maistre hat mit LE LOUP ET LE LION (Frankreich, Kanada, 2021) die 30-köpfige Kinderjury überzeugt und gewann das Kleine Goldene Auge. Der Abenteuerfilm erzählt von einer jungen Frau und ihren tierischen Freundschaften. Überreicht wurde der Preis von den drei Jurymitgliedern Loris Lätsch, Sophie Treiber und Penthesilea Falkenberg.
Publikumspreis: YOUTH TOPIA von Dennis Stormer

Auch das ZFF Publikum stellt eine wichtige Jury dar: Unter allen Wettbewerbsbeiträgen ermittelt es per Abstimmung seinen Lieblingsfilm – in diesem Jahr YOUTH TOPIA (Schweiz, Deutschland, 2021) von Dennis Stormer. Die Satire porträtiert den Kampf zwischen jugendlicher Wildheit und wachsendem Pflichtbewusstsein in einer Gesellschaft, in der ein Algorithmus den Zeitpunkt des Erwachsenwerdens bestimmt. Anwesend waren die Darstellerinnen Lia von Blarer und Elsa Langnäse sowie von Produktionsseite Marisa Meier, Katrin Renz und Stefan Jäger.
Science Film Award: ALL LIGHT, EVERYWHERE von Theo Anthony
Der Science Film Award wurde dem amerikanischen Filmemacher Theo Anthony in Form einer Statue und einer Urkunde vom Verein Eye On Science für ALL LIGHT, EVERYWHERE (USA, 2021) überreicht. Der Dokumentarfilm erzählt von einer Zeit, in der Überwachungstechnologien zunehmend unser Leben bestimmen.
Die Jury begründete ihre Wahl folgendermassen: «ALL LIGHT, EVERYWHERE erhält den Science Film Award für die poetische und selbstreflexive Untersuchung von Überwachungstechnologien, Datenwissenschaft, Gerechtigkeit, Wahrheit und letztlich Objektivität. Mit einem höchst originellen Ansatz untersucht der Film die Rolle von Bildern und Videos in unserem täglichen Leben und regt die Zuschauer zum Nachdenken über wissenschaftliche Fakten an – insbesondere über diejenigen, welche durch eine Kameralinse wahrgenommen werden. In diesem Sinne stellt sich der Film letztlich auch bewusst selbst in Frage, ohne einen Anspruch auf absolute Objektivität zu erheben.»
Emerging Swiss Talent Award (Kritikerpreis): AZOR von Andreas Fontana
Der Preis der Kritikerjury (Guy Lodge, E. Nina Rothe, Max Borg) für ein Schweizer Erstlingswerk geht an den Finanzthriller AZOR (Schweiz, Frankreich, Argentinien, 2021) des Genfer Filmemachers Andreas Fontana.
Die Jury wählte den Film, der von einem Schweizer Privatbankier im Argentinien der 80er Jahre erzählt, «aufgrund der selbstbewussten Zurückhaltung des Films, seiner detaillierten und authentischen Beschwörung eines bestimmten Ortes und einer bestimmten Zeit, seiner eleganten Subversion von Genrekonventionen und seiner Verschmelzung des Schweizer Kinos mit einer wahrhaft globalen Sensibilität.»
Filmpreis der Zürcher Kirchen: LA MIF von Fred Baillif
Das Westschweizer Drama LA MIF (Schweiz, 2021) von Fred Baillif, das auch im Fokus Wettbewerb siegreich war, wurde bereits am Donnerstag, den 30. September, mit dem ökumenischen Filmpreis der Zürcher Kirchen ausgezeichnet. Baillif erzählt von einem Heim, in dem junge Frauen aus prekären Elternhäusern eine neue Art von Gemeinschaft erleben.
«Der Film verleiht den Frauen, die sonst nicht gesehen werden, Sichtbarkeit. Er hebt mit einer dringlichen Stimme die Wichtigkeit solcher Institutionen für unsere Gesellschaft hervor. In ihnen finden die jungen Menschen trotz aller Widrigkeiten und traumatischen Erlebnissen einen sicheren Raum», resümiert Jurypräsidentin und Filmdozentin Lucie Bader.
Prix Pathé: Florian Keller
Nach einem Jahr Pause wurde der «Prix Pathé» für Filmpublizistik 2021 wieder verliehen – diesmal an den Kulturredaktor Florian Keller («WOZ – Die Wochenzeitung»). Der Preis wird gestiftet von der Kinokette Pathé Schweiz und der Verleih-Firma Pathé Films und ist mit 10’ 000 CHF dotiert.
Beste internationale Filmmusik: Andrey Mordovsky
Am 9. Internationalen Filmmusikwettbewerb, der am 30. September in der Tonhalle Zürich stattfand, nahm der junge russische Komponist Andrey Mordovsky das mit CHF 10‘000 dotierte Goldene Auge für die «Beste internationale Filmmusik» für seine Vertonung des Kurzfilmes ETIQUETA NEGRA von David Vergés entgegen.
Die Jury (unter der Leitung von Oscar- und Career Achievement Award-Preisträger Mychael Danna) lobte Mordovskys Filmmusik als «frech und kühn, exzentrisch und voller Ironie, wie der porträtierte Film selbst. Die Komposition ist gekonnt und mit interessanten Farben orchestriert und schafft es letztendlich, eine Welt zu erschaffen, die den Film in fast jeder Hinsicht widerspiegelt.»
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